Schlaftrunken stehe ich am Fenster, das Morgenblau des Himmels betrachtend. Ungewöhnliches erreicht mein Bewusstsein. Das Blau des Himmels, nie sah ich ein schöneres. Verwundert frage ich mich, wie kann das sein? Mein Verstand sucht vergebens nach Antworten. Er kann nur Antworten auf das Erfahrene dieses Lebens geben, dennoch sucht er ständig nach Antworten auf die Fragen des Jetzt.
Er plappert ohne Unterlass. Immer öfter schließe ich leise die Tür und lass ihn gewähren, denn letztendlich musste er das Leben leben, es regeln und durchdenken, all die Jahre in denen mein wahres Ich im Nebel umherirrte und den Weg nach Hause suchte.
Morgenblau, liebevoll, anregend, friedvoll, gar Seele streichelnd.
Fast zehn Jahre ist die große Krise vorbei. Zumindest empfand ich es damals als eine große Krise. Ein Schmunzeln erscheint in meinem Gesicht, hätte ich doch nie für möglich gehalten das dieses Erlebnis damals ein Donnerschlag meines Selbst war. Ein Donnerschlag, der den Nebel lichtete, als ob etwas in mir sagen wollte, es reicht. Mein wahres Ich nimmt mich, wer ist dieses mich eigentlich, dieses konditionierte, ängstliche Etwas das ständig bemüht ist für andere da zu sein, sich selbst dabei vergessend, es nimmt mich an die Hand, dieses Ich und ich lasse es zu. Ich lasse los, alles und sage ja.
Ein Bild dringt liebevoll in mein wachsendes, bewusstes Sein, ein Bild, das mich erinnert, an meine wahren Wurzeln. Die Reise zu meinen Ahnen, durch sie hindurch möchte ich fast sagen, die mir die Hände reichten, mich von Ast zu Ast trugen, weitereichten, damit ich sie finde, meine Wurzeln. Vor ein paar Jahren hätte man mir die beste aller Pillen gegeben, damit ich wieder normal werde. Was ist das, dieses normal sein? Ich wende mich wieder diesem wundervollen Bild meiner Ahnenreise zu, eine Reise die mich so sehr berührte, erfreute und mich wieder verband.
Morgenblau, Farbe des Mutes, mir meinen Mut zeigend.
Ich denke an die alte Eiche, die mir dies ermöglichte, als Sinnbild, für das was ist. Einer Mutter, einem Vater gleich nahm sie mich an die Hand führte mich zusammen mit meinen Ahnen zum Urgrund meines Seins. Es ist ein Gefühl, als ob die Schwingen der Engel, mich tragend, behütend und gleichzeitig schützend auf dieser Reise begleiten, neben all den anderen Wesen, die dies hier möglich machen, wobei, nein, nicht neben. Es ist das Miteinander, das All-Eine, das Verbundene, das dies ermöglicht.
Eine kleine Träne möchte sich bei diesem Gedanken ihren Weg bahnen. Ich lasse es zu, dieses Gefühl, das Gefühl eines tiefen Friedens, das Gefühl, endlich, ja, endlich auf meinem Weg zu wandeln, meine Wahrheiten zu leben, indem ich meine Wurzeln fand. Die Wurzeln, da wo wir herkommen, und ich bin erstaunt, nicht ein einziges Wort in mir zu finden, um zu beschreiben, was sie sind, meine Wurzeln. Möglicherweise wollen sie unbenannt bleiben, wollen sie für sich sein, individuell und ihren Zauber nicht verlieren in dem Bemühen sie mit Worten zu beschreiben und in ein Gewand von Worten zu kleiden.
Morgenblau, ich grüße dich und danke dir für dein Licht.
Plötzlich fällt es mir wieder ein, dieses Bild, dieser Gedanke, die Gefühle, all das, was in mir am Morgen nach der Ahnenreise, einem Quelltopf gleich, aus dem das lebendige, Leben nährende und erschaffende Wasser emporsteigt. Mit einer kindlichen Freude und der Skepsis und Verwunderung des Alters bemerkte ich, ich bin die Eiche. Ich schüttelte innerlich den Kopf, nein, das kann nicht sein. Und doch, ich fühlte, ich bin die Wurzeln, der Stamm, die Äste und ja, auch die Krone, auch sie ist ein Teil von mir. Ich bin, ein Baum, Sturmerprobt und gereift, im…..
Morgenblau